Mittwoch; 11. Oktober:
Schönster Altweibersommer - Noch einmal Menschen in T-Shirt und
Sandalen in den Straßencafes und Biergärten. Bisher keine besonderen
Vorkommnisse in der Schloßstraße.
Dann plötzlich um 10:47 Uhr kommt der Befehl von Aldi-Geschäftsführer
Erich B.: "5 Paletten Lebkuchen und Spekulatius in den Eingangsbereich!"
Von nun an überschlagen sich die Ereignisse. Zunächst reagiert
Minimal-Geschäftsführer Martin O. eher halbherzig mit einem erweiterten
Kerzensortiment und Marzipankartoffeln an der Kasse.
15:07 Uhr: Edeka-Marktleiter Wilhelm T. hat die Mittagspause genutzt
und operiert mit Lametta und Tannengrün in der Wurstauslage.
16:02 Uhr: Die Filialen von Penny und Reichelt bekommen Kenntnis von
der Offensive, können aber aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht
gegenhalten und fordern ein Weihnachtsstillstandsabkommen bis zum 20.
Oktober. Die Gespräche bleiben ohne Ergebnis.
Donnerstag; 12. Oktober:
07:30 Uhr: Im Eingangsbereich von Karstadt bezieht überraschend ein
Esel mit Rentierschlitten Stellung, während 2 Weihnachtsmänner vom
studentischen Nikolausdienst vorbeihastende Schulkinder zu ihren Weihnachtswünschen
verhören.
Zeitgleich erstrahlt die Kaufhausfassade im gleißenden Schein
von 260.000 Elektrokerzen. Die geschockte Konkurrenz kann zunächst nur
ohnmächtig zuschauen. Immerhin haben jetzt auch Wertheim, Bolle und
Minimal den Ernst der Lage erkannt.
Freitag; 13.Oktober:
09:00 Uhr: Edeka setzt Krippenfiguren ins Gemüse.
09:12 Uhr: Minimal kontert mit massivem Einsatz von Rauschgoldengeln im
Tiefkühlregal.
10:05 Uhr: Bei Reichelt verirren sich dutzende Kunde in einem Wald von
Weihnachtsbäumen.
12:00 Uhr: Neue Dienstanweisung bei Bolle: An der Käsetheke wird mit
sofortiger Wirkung ein "Frohes Fest" gewünscht. Die Schlemmerabteilung
von Wertheim kündigt für den Nachmittag Vergeltungsmaßnahmen
an.
Samstag; 14. Oktober:
07:00 Uhr: Karstadt schaufelt Kunstschnee in die Schaufenster.
08:00 Uhr: In einer eilig einberufenen Krisenversammlung fordert der
aufgebrachte Penny-Geschäftsführer Walter T. von seinen Mitarbeitern
lautstark:
"Weihnachten bis zum Äußersten" und verfügt den pausenlosen
Einsatz der
von der Konkurrenz gefürchteten CD: "Weihnachten mit Mirrelle Matthieu"
über Deckenlautsprecher. Der Nachmittag bleibt ansonsten ruhig.
Montag; 16. Oktober:
08:00 Uhr: Anwohner der Schloßstraße versuchen mit Hilfe einer
einstweiligen Verfügung die nun von Wertheim angedrohte Musikoffensive
"Heiligabend mit den Flippers" zu stoppen.
09:14 Uhr: Ein Aldi-Sattelschlepper mit Pfeffernüssen rammt den
Posaunenchor "Adveniat", der gerade vor Karstadt zum großen
Weihnachtsoratorium ansetzen wollte.
09:30 Uhr: Aldi dementiert. Es habe sich bei der Ladung nicht um
Pfeffernüsse, sondern Christbaumkugeln gehandelt.
18:00 Uhr: In der Stadt kommt es kurzfristig zu ersten Engpäßen in
der
Stromversorgung als der von Tengelmann beauftragte Rentner Erwin Z. mit
seinem Flak-Scheinwerfer Marke "Varta Volkssturm" den Stern von
Bethlehem an den Himmel zeichnet.
Dienstag; 17. Oktober:
Die Fronten verhärten sich; die Strategien werden zunehmend
aggressiver.
10:37 Uhr: Auf einem Polizeirevier meldet sich die Diabetikerin Anna K.
und gibt zu Protokoll, sie sei soeben auf dem Bolle-Parkplatz zum
Verzehr von Glühwein und Christstollen gezwungen worden. Die Beamten
sind ratlos.
12:00 Uhr: Seit gut einer halben Stunde beschießen Karstadt, Edeka und
Minimal die Einkaufszone mit Schneekanonen. Das Ordnungsamt mahnt die
Räum- und Streupflicht an. Umsonst!
14:30 Uhr: Teile des Stadtbezirks sind unpaßierbar. Eine
Hubschrauberstaffel des Bundesgrenzschutzes beginnt mit der Bergung von
Eingeschloßenen. Menschen wie Du und ich, die nur mal in der schönen
Herbstsonne bummeln wollten.